Bedeutung psychischer Gesundheit in Bildungskontexten

Im Berichtszeitraum rückten die Bedeutung psychischer Gesundheit in Bildungskontexten und die Förderung und Inklusion von Kindern mit psychischen Auffälligkeiten im Schulalltag zunehmend in den Forschungsfokus der Abteilung.
Ein zentrales, gemeinsam mit den Abteilungen „Lehr- und Lernqualität in Bildungseinrichtungen“ (LLiB) und „Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung“ (BBF) durchgeführtes und im Berichtszeitraum vorangebrachtes Projekt befasst sich mit der schulischen Inklusion von Kindern im Autismus-Spektrum. Die Wissenschaftler*innen wollen die pädagogischen Fachkräfte unterstützen und entwickeln dafür unter anderem eine digitale Fortbildungs-Plattform und ein Self-Assessment-Tool, mit dem die Fachkräfte ihr Wissen, ihre Überzeugungen und ihre Motivation bezüglich der Inklusion autistischer Kinder erfassen können. Hinzu kommt eine Smartphone-App, die helfen soll, individuelle Barrieren autistischer Kinder zu identifizieren.
In einem weiteren Projekt und in Kooperation mit der TU Dortmund und der Justus-Liebig-Universität Gießen wurde die Fähigkeit von Lehrkräften untersucht, internalisierende Symptome ihrer Schüler*innen zu erkennen – zum Beispiel Traurigkeit oder Ängste. Darauf aufbauend hat das Projektteam begonnen, eine psychoedukative Intervention zu entwickeln und zu erproben. Sie soll Lehrkräften helfen, internalisierende Verhaltensprobleme besser zu identifizieren und die Schüler*innen darin zu unterstützen, sie zu bewältigen. Die Abteilung arbeitet auch mit dem Standort Bochum-Marburg des 2023 entstandenen „Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit“ (DZPG) zusammen. Im Rahmen dieser Kooperation beteiligten sich BiEn-Mitarbeitende ´am Aufbau einer Online-Plattform. Darüber sollen Kinder, Jugendliche und Fachkräfte möglichst einfach auf übergreifende und spezifische Assessments und Methoden zugreifen können, die die mentale Gesundheit insbesondere im Schulkontext unterstützen. Insgesamt geht es darum, evidenzbasierte Interventionen nachhaltig im vorschulischen Bereich, in Schulen und in Kliniken verfügbar zu machen. In einem partizipativen Prozess werden dabei gezielt die Bedürfnisse von Jugendlichen mit psychischen Störungen berücksichtigt.
Ein weiterer Meilenstein war 2024 der Aufbau des Forschungszentrums „DYNAMIC“, das im Rahmen des hessischen LOEWE-Förderprogramms für eine Laufzeit von sieben Jahren finanziert wird. Das DIPF ist an dem interdisziplinären Verbundprojekt beteiligt – gemeinsam mit Universitäten und Universitätskliniken in Marburg, Gießen und Frankfurt, der TU Darmstadt und dem Ernst-Strüngmann-Institut für Neurowissenschaft. Das Zentrum verfolgt den innovativen Ansatz, psychische Störungen als dynamische Netzwerke zu betrachten. Diese beschreiben das Zusammenspiel psychischer Symptome und deren Wechselwirkungen mit sozio-emotionalen und psycho-physiologischen Einflüssen im Laufe der Zeit. Ziel ist es, diese komplexen Strukturen besser zu verstehen, um Risikofaktoren frühzeitig erkennen und individualisierte Präventions- und Therapieansätze entwickeln zu können.
Am DIPF wurde dafür eine Nachwuchsgruppe unter Leitung von Dr. Lena Wieland eingerichtet. Diese untersucht derzeit anhand von Daten aus dem UPWIND-Projekt (siehe „Das Projekt Verstehen …“), womit tagtägliche Schwankungen von Schlaf, körperlicher Aktivität und Gemütserregungen zusammenhängen. Die Erkenntnisse sollen helfen, sie als wichtige Bestandteile dieser komplexen Netzwerkstrukturen zu verstehen (siehe Grafik „Dynamische Bedingungen …“). In diesem Zusammenhang plant die Gruppe verschiedene längsschnittliche Studien – in Kooperation mit den auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen spezialisierten Kooperationspartner*innen der anderen Standorte. Die Untersuchungen werden Anpassungsprozesse von Kindern und Jugendlichen, zum Beispiel beim Schulübergang, aus dynamischer Netzwerkperspektive in den Blick nehmen.