Soziale Ungleichheiten an Bildungsübergängen – das MILES-HuGS-Projekt

Schmuckbild: Personen vor Posterwand
@DIPF
Forschende wollen wissen, ob sich die gestiegene Bildungsbeteiligung auf soziale Ungleichheiten an Bildungsübergängen auswirkt.

Die Bildungsbeteiligung ist in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. So erwerben immer mehr Schüler*innen das Abitur und damit die Studienberechtigung. Im Jahr 2023 lag die Abiturquote – der Anteil der Absolvent*innen allgemeinbildender und beruflicher Schulen mit allgemeiner Hochschulreife – bei 38,5 Prozent. In einigen Bundesländern sind die Anteile noch höher. Seit Langem erforscht die Bildungssoziologie die Ursachen dieser Bildungsexpansion und die Folgen für die einzelnen Bürger*innen und die Gesellschaft. Eine wichtige Frage ist, ob sich im Zuge dessen auch soziale Ungleichheiten beim Übergang von der Grundschule auf weiterführende Schulformen und bei der Aufnahme eines Studiums verringert haben. Das untersucht eine Teilstudie des MILES-HuGS-Projekts aus dem Forschungsverbund „Methodological Issues in Longitudinal Educational Studies“ (MILES). Denn die Ungleichheiten entstehen und reproduzieren sich gerade an diesen beiden Schwellen im Bildungssystem. 

Die Bildungsbeteiligung ist in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. So erwerben immer mehr Schüler*innen das Abitur und damit die Studienberechtigung. Im Jahr 2023 lag die Abiturquote – der Anteil der Absolvent*innen allgemeinbildender und beruflicher Schulen mit allgemeiner Hochschulreife – bei 38,5 Prozent. In einigen Bundesländern sind die Anteile noch höher. Seit langem erforscht die Bildungssoziologie die Ursachen dieser Bildungsexpansion und die Folgen für die einzelnen Bürger*innen und die Gesellschaft. Eine wichtige Frage ist, ob sich im Zuge dessen auch soziale Ungleichheiten beim Übergang von der Grundschule auf weiterführende Schulformen und bei der Aufnahme eines Studiums verringert haben. Das untersucht eine Teilstudie des MILES-Hugs-Projekts aus dem Forschungsverbund „Methodological Issues in Longitudinal Educational Studies (MILES)“. Denn die Ungleichheiten entstehen und reproduzieren sich gerade an diesen beiden Schwellen im Bildungssystem.

Das Forscher*innen-Team hat diese Fragestellung anhand von Daten aus zwei Hamburger Schulleistungsstudien untersucht. Die beiden Studien „Aspekte der Lernausgangslage und der Lernentwicklung“ (LAU) und „Kompetenzen und Einstellungen von Schülerinnen und Schülern“ (KESS) wurden im dortigen Schulsystem zwischen 1996 und 2012 durchgeführt. Neben den Schulleistungen wurden Daten zur sozialen Herkunft sowie zu den Bildungsverläufen und Bildungsplänen von zwei vollständigen Jahrgängen erhoben. Diese Daten ermöglichen es, zwei Schüler*innenjahrgänge zu vergleichen, die zeitlich relativ nah beieinander liegen und bei denen die Abiturquote im späteren Jahrgang stark angestiegen ist:

  • LAU-Kohorte: Übergang in die Sekundarstufe 1996, Abitur 2005
  • KESS-Kohorte: Übergang in die Sekundarstufe 2003, Abitur 2011 (auf dem achtjährigen Gymnasium) und 2012 (an nicht-gymnasialen Schulformen)

Die Abiturquote in Hamburg ist in diesem kurzen Zeitraum von 33 Prozent (2005) auf 48 Prozent (2011) beziehungsweise 51 Prozent (2012) gestiegen – eine beachtliche Expansion binnen sechs bis sieben Jahren.

Die Ergebnisse der DIPF-Untersuchung liefern zwei wesentliche Erkenntnisse:

  • Der Anstieg an Abiturient*innen erklärt sich insbesondere durch die vermehrte Nutzung alternativer Bildungswege zum Abitur jenseits vom Gymnasium: An Gesamtschulen erreichte ein Viertel der Schüler*innen in der KESS-Kohorte das Abitur, verglichen mit 14 Prozent in der LAU-Kohorte.
  • Trotz der Bildungsexpansion blieben die sozialen Herkunftseffekte an beiden Übergängen unverändert. Eine Öffnung von Bildungswegen zum Abitur führt somit nicht zwangsläufig zum Abbau sozialer Bildungsungleichheiten.

Ausgewählte Publikationen

Scharf, J., Becker, M., Neumann, M. & Maaz, K. (2023). Rapid expansion of academic upper secondary graduation in Germany: Changing social inequalities in the transition to secondary and to tertiary education? Research in Social Stratification and Mobility, 84, 100771. doi:1016/j.rssm.2023.100771