Aufgaben und Strategie

Die Abteilung „Struktur und Steuerung des Bildungswesens“ (SteuBis) untersucht die gesellschaftlichen, strukturellen und institutionellen Rahmenbedingungen, die den Bildungserwerb beeinflussen. Ihre Forschungsvorhaben beschäftigen sich mit zentralen Fragen des Bildungssystems, darunter:

  • Wie leistungsfähig ist das Bildungssystem?
  • Wie können gleiche Bildungsmöglichkeiten und Bildungschancen gewährleistet werden?
  • Welche Wirkung haben Bildungsreformen, Entwicklungsprogramme und Steuerungsinstrumente?

Insgesamt will die Forschung herausfinden, welche Rolle institutionelle und individuelle Faktoren bei erfolgreichen und weniger erfolgreichen Bildungsverläufen spielen. Die Forscher*innen betrachten dabei das Zusammenspiel von System- und Organisationsebene, individuellen Lernvoraussetzungen, Bildungsentwicklungen und Bildungserträgen sowie gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Abteilung arbeitet interdisziplinär und verbindet erziehungswissenschaftliche, soziologische und psychologische Theorien. Dabei verknüpfen die Wissenschaftler*innen makrostrukturelle Phänomene mit individuellen Bildungserwerbsprozessen. Für die empirische Analyse nutzen sie eine Vielzahl von Forschungsmethoden und Datengrundlagen:

  • Struktur- und Populationsdaten der amtlichen Statistik
  • Individualdaten, die stichprobenbasiert, vielfach längsschnittlich (langfristige Studien mit mehreren Untersuchungszeitpunkten) und zum Teil quasi-experimentell (Untersuchungen von Effekten unter kontrollierten Bedingungen) erhoben werden und die stärker Prozesse berücksichtigen (etwa bei der Implementierung von Schulentwicklungsmaßnahmen)
  • Literaturdatenbanken, um systematische Forschungsübersichten zu erstellen

Die Ergebnisse dieser Arbeiten helfen, das Bildungssystem evidenzgestützt und nachhaltig zu steuern. Sie werden in das nationale Bildungsberichtssystem integriert und bieten wichtige Grundlagen für die Weiterentwicklung des Bildungswesens. Die Forschung der Abteilung lässt sich in vier inhaltlich miteinander verzahnten Schwerpunkten zusammenfassen:

Bildungsmonitoring und Bildungsberichterstattung

Die Projekte in diesem Bereich widmen sich der kontinuierlichen und datengestützten Beobachtung und Analyse des Bildungswesens auf verschiedenen Ebenen und mit variierender regionaler Tiefe. Das Kernprojekt ist die nationale Bildungsberichterstattung – eine zentrale Säule in der Strategie der Kultusministerkonferenz zum Bildungsmonitoring. Das DIPF koordiniert den Nationalen Bildungsbericht seit Beginn und hat im Jahr 2024 den Auftrag für die weitere Berichtslegung bis 2032 erhalten. Es erstellt ihn gemeinsam mit einem Team von Wissenschaftler*innen und Statistiker*innen von kooperierenden Institutionen. Inhaltlich ist das DIPF für den Bereich der allgemeinbildenden Schule und der nonformalen Lernwelten im Schulalter verantwortlich. Außerdem koordiniert das Institut die wechselnden Schwerpunktthemen (siehe „Nationaler Bildungsbericht“). Neben der bundesweiten gewinnt zunehmende die landesspezifische Bildungsberichterstattung an Bedeutung für das DIPF. So erstellt das Institut beispielsweise zum zweiten Mal einen Bericht für Schleswig-Holstein, der die Entwicklungen im Bundesland vor dem Hintergrund der bundesweiten Trends vertiefend einordnet.

Bildungsstrukturen und Reformen

In diesem Schwerpunkt untersuchen die Forschenden die strukturellen und schulorganisatorischen Veränderungen sowie die administrativen Bildungsreformen, die in allen Bundesländern und in nahezu allen Bereichen des Schulsystems stattfinden. Bislang gibt es nur wenig systematisches Wissen über die beabsichtigten und unbeabsichtigten Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die Qualität und Effektivität von Schulen. Diese Lücke möchte die Abteilung schließen. Das dabei generierte Wissen über die Konsequenzen von Steuerungsmaßnahmen im Bildungssystem ist nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für Politik und Praxis von großem Interesse. Beispiele für diese Arbeiten:

  • Die BERLIN-Studie untersucht die Auswirkungen der Berliner Schulstrukturreform und begleitet die Schüler*innen über den Schulabschluss hinaus.
  • Die NEOS-Studie analysiert mithilfe von Schulleitungs- und Lehrkräftebefragungen die Neuerungen im Kurssystem der gymnasialen Oberstufe in Schleswig-Holstein (siehe „NEOS-Studie“).
  • Das neu begonnene Kooperationsprojekt „INFLATE – Schulnoten: Zwischen Inflation, Stabilität und Deflation“ erforscht in den kommenden Jahren, ob für gute Noten immer weniger Leistung erforderlich ist und welchen Einfluss das auf Abschlussziele und Übergangsempfehlungen hat.

Praxis- und transferorientierte Schulentwicklungsforschung

Trotz unterschiedlicher Rollen können Wissenschaft und Praxis durch eine enge Zusammenarbeit voneinander lernen: Die Wissenschaft wird praxisnäher, die schulische Praxis wissenschaftlich fundierter. Der Arbeitsbereich untersucht, wie sich diese Expertisen zum wechselseitigen Nutzen (ko-konstruktiv) miteinander verzahnen lassen. Ein zentrales Projekt in diesem Schwerpunkt ist der im Jahr 2021 gestartete Forschungsverbund „Schule macht stark – SchuMaS“, der deutschlandweit 200 Schulen in sozial herausfordernden Lagen unterstützt. Wissenschaft und Praxis entwickeln dabei in ko-konstruktivem Zusammenspiel Maßnahmen zur Verbesserung des Unterrichts und der Schulorganisation. Mit diesem verzahnten Vorgehen wollen sie zum Abbau von Bildungsungleichheiten beitragen (siehe „SchuMas). Die in SchuMaS auf den Weg gebrachten Ansätze werden zukünftig im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des Startchancen-Programms ausgeweitet und fortgeführt. Dabei stehen neben den Schulen verstärkt Unterstützungssysteme wie Landesinstitute, Qualitätsagenturen und Schulträger im Fokus, um die schulische Qualitätsentwicklung besser zu steuern. Der Arbeitsbereich nimmt außerdem in den Blick, wie sich die Qualität im schulischen Ganztag steigern lässt und welche Rolle dabei multiprofessionelle Kooperation spielt.

Bildungsungleichheiten und Abbau von Bildungsbarrieren

Dieser Forschungsschwerpunkt widmet sich den weiterhin bestehenden und teils zunehmenden Ungleichheiten im Bildungserwerb. Die Wissenschaftler*innen untersuchen die Entstehung dieser Ungleichheiten und erforschen Möglichkeiten, um sie abzubauen. Wichtige Vorhaben in diesem Bereich:

  • Das Projekt „ABIBA | Meta“ bündelt und systematisiert die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Abbau von Bildungsbarrieren und identifiziert weitere Forschungsbedarfe.
  • Die Forschungsgruppe „Entstehung und Abbau von Bildungsungleichheiten im Kindes- und Jugendalter“ (EABU) untersucht, wie die zunehmende Digitalisierung von Lehr- und Lernprozessen Bildungsungleichheiten reduzieren kann oder möglicherweise sogar verfestigt oder verstärkt (siehe „Die Forschungsgruppe EABU“).
  • Im von mehreren Einrichtungen getragenen Forschungsverbund „Methodological Issues in Longitudinal Educational Studies“ (MILES) untersucht ein Teilprojekt des DIPF die Effekte sozialer Herkunft an Übergangsschwellen – von der Primarstufe bis zum tertiären Bildungsbereich (siehe „MILES-HuGS-Projekt“)

Ausgewählte Projekte und Schwerpunkte

Bildquellen v. o. n. u.
Banner: @DIPF
Fotos: @DIPF