Wissenschaftliche Begleitung der neuen Oberstufe in Schleswig-Holstein – die NEOS-Studie
Im Schuljahr 2021/2022 hat Schleswig-Holstein eine neu gestaltete gymnasiale Oberstufe eingeführt. Ein Kernziel: In den Oberstufen, die es an Gymnasien und Gemeinschaftsschulen gibt, sollen individuellere Schwerpunkte und neue Lernformen ermöglicht werden. Das umfasst zwei zentrale Neuerungen:
- Schüler*innen können zwei von drei Kernfächern (Deutsch, Mathematik und fortgeführte Fremdsprache) mit jeweils fünf Wochenstunden belegen und das dritte mit drei. Das ist jeweils auch mit unterschiedlichen Anforderungen verbunden – Niveaudifferenzierung genannt. Bislang waren für die drei Fächer und für alle Schüler*innen im Bundesland einheitlich vier Wochenstunden vorgesehen.
- Die Schulen können nun sogenannte Profilseminare anbieten, in denen die Schüler*innen zum Beispiel eigene Projekte durchführen. Dabei bearbeiten sie fächerübergreifend Themen aus den Profilbereichen der Schulen (beispielsweise MINT). Außerdem lernen sie, eigenständig und im Team zu arbeiten. So sollen sie besser auf ein Studium vorbereitet werden.
Das DIPF hat die Einführung der neuen Oberstufe wissenschaftlich begleitet. Im Rahmen dieser NEOS-Studie wurden Schulleitungen und Lehrkräfte online befragt, vertiefende Interviews durchgeführt und schulstatistische Angaben ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen unter anderem:
- Positive Einschätzungen zu den strukturellen Neuerungen: Mehr als 90 Prozent der Schulleitungen bewerten die eingeführte Niveaudifferenzierung als richtigen Schritt. Nach ihrer Einschätzung wird man damit den heterogenen Lernvoraussetzungen und Interessen der Schüler*innen besser gerecht. Zudem sind mehr als zwei Drittel der Lehrkräfte der Meinung, dass die Niveaudifferenzierung das gezielte Unterrichten erleichtert. Diese positiven Bewertungen bilden eine gute Basis für die weitere Umsetzung der Neuerungen.
- Profilseminar als Bereicherung: Das vom Großteil der Schulen angebotene Seminar empfinden knapp 90 Prozent der Schulleitungen als förderlich für das fächerverbindende und projektbezogene Lernen.
- Herausforderungen: Die Hälfte der Schulleitungen und Lehrer*innen merkt an, dass die Niveaudifferenzierung den schulorganisatorischen Aufwand stark erhöht hat. Weitere 40 Prozent berichten von einer zumindest leichten Aufwandserhöhung. Das betrifft etwa die Gestaltung der Stundenpläne, die Kurseinteilung und die Personalplanung.
- Nicht ausreichende Hilfestellungen: Die Mehrheit der Lehrkräfte wünscht sich mehr Vorgaben und Unterstützungsangebote für die Umsetzung. Das gilt für die Leistungsanforderungen, die Gestaltung des Unterrichts und die Bewertungsmaßstäbe auf den beiden Niveaustufen.
Die Ergebnisse der NEOS-Studie fließen bereits in die Weiterentwicklung der gymnasialen Oberstufe in Schleswig-Holstein ein.
Ausgewählte Publikationen
Neumann, M. & Rinck, M. (2024). NEOS-Studie - Wissenschaftliche Begleitung der neuen Oberstufe in Schleswig-Holstein: Ergebnisbericht zur Untersuchung im Schuljahr 2022/23. Frankfurt am Main: DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation. Verfügbar unter: https://www.dipf.de/de/forschung/pdf-forschung/steubis/ergebnisbericht_neos-studie_juni-2024.pdf